Höhlen, Nester und Kuhlen – Sammeln und Lagern im Tierreich
Nicht nur wir Menschen sammeln und lagern gern mehr oder weniger kostbare Dinge. Auch im Tierreich befinden sich so einige Sammler*innen. Gerade jetzt im Herbst geht das große Sammeln von Futter und Leckereien los, die anschließend gelagert werden, um durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Doch das Sammelverhalten kann auch andere Gründe haben – von der Verführung eines Partners bis hin zur Selbstverteidigung. Wenn es um ihre individuellen Vorratskammern oder den eigenen Zufluchtsort geht, sind einige Tiere sehr kreativ, sowohl an Land, als auch zu Wasser.
Vorratskammern im Tierreich
Das Anlegen einer Vorratskammer ist der wohl bekannteste Grund, warum Tiere Dinge sammeln und lagern. Bei Eichhörnchen beispielsweise sieht das emsige Sammeln und Verstecken auf den ersten Blick recht beliebig aus. Doch für die Tiere ist es überlebenswichtig, dass die gesammelten Samen, Eicheln und Nüsse nicht verkommen oder von anderen Nahrungskonkurrenten verspeist werden. Das vermeintlich unorganisierte und willkürliche Buddeln und Graben folgt laut einigen Forscher*innen einem klaren Plan. Denn die Verstecke erfüllen in der Regel bestimmte Bedingungen: Um die mühsam angelegten Vorräte vor Plünderern zu schützen, achten viele Tiere bei der Wahl ihrer Vorratskammer auf einen guten Überblick über die Umgebung. So können Konkurrenten schneller entdeckt werden und haben damit einen erschwerten Zugang. Einige Nager verstecken ihre Samen auch möglichst weit vom Fundort und von Pflanzen derselben Art entfernt. Dort befinden sich weniger Tiere, die die gleichen Sämereien für ihre Vorräte suchen.
Keimen oder faulen die mühsam gesammelten Samen und Nüsse im Frühjahr, sind sie als Nahrung nicht mehr geeignet. Um ihre Vorräte vor dem Verderben zu schützen, legen einige Tiere ihre Vorräte daher vor allem an Stellen ab, an denen möglichst schlechte Keimbedingungen herrschen. So lagert etwa der Tannenhäher seine Nahrung vor allem an trockenen Stellen mit möglichst wenig Sonneneinstrahlung. Auch nach vielen Monaten kann er so noch auf seine Vorräte zurückgreifen.
Trotz aller Sorgfalt und Aufwand kommt es natürlich nicht selten vor, dass Eicheln und Nüsse im Boden in Vergessenheit geraten – ein Glücksfall für die Natur! Im Frühjahr keimen dann möglicherweise neue Bäume und es schließt sich ein Kreislauf, von dem beide Seiten immer wieder profitieren: Die Pflanzen verbreiten ihre Samen über größere Entfernungen. Das wiederum bedeutet mehr Nahrung in einem größeren Radius für die Nahrungssammler im nächsten Herbst.
Das Sammeln hat im Tierreich viele Funktionen
Auch unter Wasser findet sich der ein oder andere leidenschaftliche Sammler: Beim Pazifischen Riesenkraken zum Beispiel geht es jedoch nicht um das Anlegen eines Nahrungsvorrates, sondern um den Schutz des eigenen Zuhauses vor Feinden. Forscher*innen konnten beobachten, dass das Tier sein Heim mit Schalen von Weichtieren, Krebsen oder Kokosnüssen dekoriert. Die Kreationen der Kraken sind so beeindruckend, dass sie Ringo Starr zu dem Beatles-Song “Octopus’s Garden” inspirierten und oft mit absichtlichen Kunstwerken verglichen werden. Tatsächlich geht es den Kraken dabei weniger um die Ästhetik, sondern vielmehr um den Schutz ihrer Höhlen vor Eindringlingen.
Ein weiterer mehr oder weniger unfreiwilliger Ästhet unter den tierischen Sammlern ist der Satinlaubenvogel: Alleinstehende Männchen schmücken ihre Bodennester mit leuchtend blauen Objekten, um potenzielle Partnerinnen anzulocken. Egal ob Federn, Muscheln, Blumen, Schmetterlinge, Plastikstrohhalme, Wäscheklammern oder Flaschenverschlüsse – der fleißige Vogel sammelt alles, was er kriegen kann; Hauptsache blau. Gegenstände, die ultraviolett schimmern, sind dabei besonders begehrt. Grund für diese Vorliebe ist vermutlich die Färbung des Gefieders eines ausgewachsenen Männchens. Das Nest soll das Aussehen des Bewohners widerspiegeln und ist ein deutliches Zeichen für Weibchen, dass der Erbauer bereit für die Paarung ist.
Auch die Florfliegenlarve legt ein recht außergewöhnliches Sammelverhalten an den Tag: Sie sammelt Abfälle – eine Mischung aus Pflanzen und Insektenkadavern – und bedeckt sich damit, indem sie sie auf ihren Rückenstacheln aufspießt. Dabei stimmen die Tiere ihre "Sammlung” auf die Umgebung ab. Dank dieser Tarnung werden sie von Fressfeinden oder ihrer eigenen Beute nicht so leicht erkannt.
Ein ähnliches Verhalten ist auch unter Wasser zu beobachten: Die Stachelspinnenkrabbe sammelt Materialien aus ihrer Umgebung und bastelt sich daraus eine kunstvolle Verkleidung. Ihre Oberschale ist bedeckt mit kleinen Haken, an denen sie Tiere, Seegras, Anemonen, Seeigel und vieles mehr befestigen kann. Wie bei den Larven ist auch dieses “Schmücken” eine Tarnung, um so mit der Umgebung zu verschmelzen und vor Raubtieren geschützt zu sein.
Das Sammeln im Tierreich hat demnach mehr überlebenswichtige Funktionen, als auf den ersten Blick klar wird. Beeindruckend ist dabei, wie viele verschiedene Herangehensweisen dabei zu beobachten sind und auf welch unterschiedliche Gegenstände es die Tiere – je nach Funktion, Feinde, Beute oder Lebensraum – abgesehen haben.
Platzprofessor Redaktionsteam
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