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Projekt-Tipp: Wie eine belgische Künstlerin alle 12.500 Objekte ihres Hauses eines nach dem anderen fotografierte…

15. April 2021
Mag.ª Alexia Gerhardus
Dinge & Lagern

Barbara Iweins zog elf Mal in ihrem Leben um und war jedes Mal über die Menge der Dinge, die sie zu packen hatte, erschrocken. “Das führte dazu, dass ich über den Wert meiner Besitztümer und über das Konzept sofortiger Bedürfnisbefriedigung nachdachte“, so die Künstlerin auf ihrer Website: KATALOG

Über ihr Projekt spricht Barbara Iweins in einem Video von Kanal +. Die Übersetzung haben wir hier zusammengefasst: 

„Vor drei Jahren, noch lange vor der Pandemie, beschloss ich mich freiwillig zu Hause zurückzuziehen und alle Objekte in meinem Haus zu fotografieren – von der löchrigen Jeans meiner Tochter, über das Playmobil meines Sohnes, bis hin zu meinem Massagestab und meinen Anxiolytica. 

Mehr als 12.500 Objekte. In dieser Welt, die mir oft chaotisch erscheint, fühle ich mich durch meine Objekte beschützt. Meine Freunde zum Beispiel reisen gerne. Sie lieben es, neue Länder zu entdecken. Ich überhaupt nicht. Ich bin gerne zu Hause. Und wenn ich reise, fahre ich am Liebsten immer wieder an denselben Ort. Eigentlich wäre für mich am besten, wenn sich die Dinge nie ändern würden. Aber mein erwachsenes Leben hat es anders entschieden: Umziehen ist ein jährliches Ritual geworden. Und jedes Mal bin ich über die Menge der Dinge, die ich angehäuft habe, entsetzt. 

Ich habe also begonnen, meine Beziehung zu meinen Objekten zu hinterfragen. Ich habe beschlossen, mich meinen Objekten bedingungslos zu stellen. Da ich eher unordentlich bin, musste ich zunächst gewisse Regeln festlegen: Ich habe alle Nahrungsmittel ausgeschlossen, sie sind vergänglich und auch alle Objekte, die kein eigenes Volumen haben, wie Papiere und Dokumente, etc. Auch alle Gegenstände, die im Haus fixiert sind, wie z.B. die Badewanne und das Waschbecken, weil ich sie nicht ausgesucht habe. Ich habe alle identischen Gegenstände in einer Anzahl von über 30 Stück, wie Wattestäbchen oder Büroklammern, als Gesamtes fotografiert. Und alles, was eingepackt und etikettiert ist, bleibt es auch für das Foto. 

Nach jeder Aufnahme trage ich alle objektbezogenen Klassifizierungen in einer Tabelle ein: Die Farbe, die Häufigkeit der Anwendung und dann gibt es noch persönlichere Kategorien, wie Gegenstände, die ich verstecke, Gegenstände, deren Verwendung ich nicht kenne oder Medikamente, deren Beipackzetteln ich verloren habe. Durch alle diese Kategorien war ich im Stande, meine eigene Statistik zu führen. Ich konnte meine Gegenstände nach Materialien einteilen. Es war keine große Überraschung, dass mein Haushalt zum Großteil aus Plastik besteht, aber ich wusste nicht, dass es praktisch Nichts aus Glas oder Stein gab. 

Ich konnte die Gegenstände nach Häufigkeit der Anwendung einteilen. Es ist störend festzustellen, dass einige Gegenstände nie benutzt werden. Ich hatte gehört, dass Autos 23 von 24 Stunden geparkt bleiben. Mein Haus ist ähnlich regungslos. Ich bin wahrscheinlich die Einzige, die die dominierende Farbe ihres Hauses kennt – falls es Sie interessiert: sie ist blau. 

Die einzige für mich relevante Statistik dieser drei Jahre Arbeit ist, dass nur 1% aller unserer Objekte für mich und meine Kinder einen emotionellen Wert haben. Von den 12.500 Fotos würden wir nur 120 behalten.  

Am Anfang dieses Projektes dachte ich ernsthaft, ich würde zu so einer Art Marie Kondo mutieren, aber das Gegenteil ist passiert. Ich bin mit den Objekten, die mir wichtig sind, obsessiv geworden. Je weniger nützlich, desto unverzichtbarer für mich. Konkret hoffe ich, dass dieser Katalog als Buch und in einer Ausstellung Form annehmen wird, aber nicht als Vorderseite eines perfekten Lebens, sondern viel mehr als seine vielfältige Rückseite.  

Jetzt, wo all meine Objekte fotografiert wurden, bin ich beruhigt. Mein ganzes Leben lang hatte das seltsame Gefühl, dass ich alles von einem Tag auf dem anderen verlieren könnte. Jetzt kann mein Haus abbrennen und solange ich meine drei Kinder in der Tasche habe, glaube ich, dass ich es verkraften würde.“ 

 Französische Untertitel @Canal+ 2021 : Barbara Iweins a photographié, un à un, les 12500 objets que contient sa maison. - YouTube (Deutsche Übersetzung : Alexia Gerhardus) 

Mag.ª Alexia Gerhardus

Porträtfoto Mag.ª Alexia Gerhardus

Alexia Gerhardus ist bei unterschiedlichen Unternehmen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, darunter u.a. für den Lagerraumanbieter „MyPlace-SelfStorage“ und für HEMAYAT, einem Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende in Wien. Gelebte soziale Verantwortung im unternehmerischen genauso wie im privaten Handeln spielt für sie eine wichtige Rolle.

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